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GRV erhalten - Ändern, was falsch läuft                      


S
eit 1957 verhindert die GRV weitgehend Altersarmut, erfolgreicher als je zuvor.
Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist mit großem Abstand die wichtigste Altersicherung in Deutschland. Sie hat sich in ihrer über 100jährigen Geschichte bewährt und bewiesen, daß sie - und nur sie - fähig ist, selbst existentielle Krisen des Staates (zwei Weltkriege sowie zwei Inflationen und Währungsreformen) zu überstehen. Durch Versicherungspflicht, Umlagefinanzierung und dynamische* Rente verhinderte die GRV seit 1957 Altersarmut bis Anfang der 1990er Jahre.
Die GRV kann aufgrund der politischen Eingriffe Altersarmut künftig nicht mehr vermeiden
Mit den „Rentenreformen“ ab 1992 - ganz besonders die Riester-Reform - wurden massive Leistungsreduzierungen, Eingriffe in die Rentenanpassung und Rentenniveau-Senkungen durch zahllose Gesetzesänderungen von den bisherigen Regierungsparteien, Schwarz-Gelb-Rot-Grün, beschlossen. Das Ergebnis: Die GRV kann - trotz Rentenbeiträgen auf hohem Niveau - Altersarmut künftig nicht mehr vermeiden. Diese Reformen sind gescheitert. Für die große Mehrzahl der abhängig Beschäftigten bleibt die GRV einzige Alterssicherung. Es besteht nach wie vor Reformbedarf.
Nötig ist eine Reform, die die wirklichen Ursachen angeht und die Übel an der Wurzel packt.
*Rentenanpassung an die Lohnentwicklung zum Erhalt eines Rentenniveaus von 70% des Nettoeinkommens bzw. 50 % vom Brutto als Lebensstandardsicherung im Alter.

 

Inhaltsverzeichnis

1. Die Alten zahlten die Renten der Alten

2. Eigentumsbeziehung zwischen Rentenbeitrag und Rente(nleistung)

3. 20 Jahre Rentenreformen – Anspruch und Wirklichkeit

4. Was geändert werden muss

5. Die Gesetzliche Rentenversicherung GRV - Grundsätzliches


Begriffserklärungen  
Bundesgarantie   Dynamische Rente   Eigentumsgarantie   GRV - Grundsätzliches   
Mackenroth-These    Paritätische Finanzierung   Umlagefinanzierung




1. Die Alten zahlten die Renten der Alten
Zuallererst ist die falsche Behauptung auszuräumen „die Jungen zahlen die Renten der Alten", im so genannten Generationenvertrag. Es wid immer wieder öffentlich behauptet die Renten der „Alten“ seien nicht auf Eigenleistung gestützt sondern eine Sozialleistung, die von den „Jungen“,den heutigen Beitragszahlern, finanziert würde.
Richtig ist, jeder Versicherte, ob jung oder alt, zahlt selbst seine Rentenbeiträge einschließlich des Arbeitgeberanteils über viele Jahrzehnte in die Rentenkasse. Aus diesen Beitragszahlungen berechnet sich der Rentenanspruch der gesetzlich Versicherten an die Gesetzliche Rentenversicherung und damit letztlich an den Staat. Rentenversicherte erwerben Anspruch auf eine definierte Rentenhöhe. Streng nach dem individuellen Einkommen der Versicherten - nach dem sich auch die Höhe der Rentenbeiträge bestimmt - errechnet sich in Abhängigkeit von persönlicher Versicherungszeit und dem Durchschnittseinkommen aller GRV-Versicherten nach der Rentenformel die absolute Höhe des Rentenanspruchs. Auf dieser Basis wird auch in der Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung (DRV) die persönliche Rentenhöhe den Rentenversicherten mitgeteilt.
Selbstverständlich gilt ebenso: Die Jungen finanzieren über ihre Beitragszahlungen selber ihre - nach Grundgesetz eigentumsgeschützten - Rentenansprüche, denn die Jungen von heute sind die Alten von morgen.
Ausschliesslich der Staat ist verantwortlich dafür, dass aufgrund der Beitragszahlungen (in der Regel nach 45 Jahren) Rentenauszahlungen in der zugesicherten Höhe erfolgen. Der Bund ist verpflichtet, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung aufrechtzuerhalten. Diese allgemeine, durch die Bundesgarantie ergänzte Sicherungsfunktion des Bundeszuschusses bringt die Haftung des Bundes als letztverantwortlichen Organisator der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ausdruck.

Generationenvertrag?
Einen Generationenvertrag gibt es nicht. Gemeint ist damit die 1957 eingeführte
Umlagefinanzierung in der GRV, für deren Funktionieren allein der Staat verantwortlich ist. Die 1957 unter Adenauer eingeführte Umlagefinanzierung ist ein grundsätzlich vorteilhaftes Finanzierungsverfahren, werden doch die riesigen, milliardenhohen monatlichen Beitragseinnahmen nicht über Jahrzehnte den Finanzmarktrisiken ausgeliefert, sondern direkt monatlich für die Rentenauszahlungen an die Versicherten verwendet. 1957 wurden 14% vom monatlichen Bruttolohn einbehalten, dafür wurden direkt aus diesen Einnahmen die Rentenzahlungen finanziert ohne den Umweg einer Finanzanlage.
Der Begriff „Generationenvertrag“ wird zunehmend dazu missbraucht zu verschleiern, dass allein der Bund verantwortlich ist, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung aufrechtzuerhalten. Dies wurde bereits durch die Rentenreform 1992 von unseren Politikern verwässert im § 153 SGB VI durch den willkürlich festgelegten Unterschied innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen Arbeiter und Angestellten zur ebenfalls der gesetzlichen Rentenversicherung angehörende Rentenversicherung Knappschaft, Bahn, See.
Im übrigen hat aber die heutige Rentner-Generation mit ihren hohen Beitragszahlungen nicht nur ihren eigenen lebensstandardsichernden Rentenanspruch finanziert, sondern darüberhinaus die unter Adenauer angehobenen Renten der damaligen Rentnergeneration - entgegen deren bis dahin niedrigeren Rentenansprüchen - wesentlich mitfinanziert. Wie auch viele weitere Entnahmen der Rentenkasse, vor allem für versicherungsfremde Leistungen. So wurden aus den Beitragszahlungen der 1957 ins Berufsleben Eingetretenen bis 2001 nach 45 Jahren
über 500 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen zweckentfremdet, bis 2008 insgesamt über 600 Milliarden Euro. In meinen Augen ein jahrzehntelanger bis heute von der Politik verfügter Diebstahl des Staates an den Rentenversicherten...



2. Eigentumsbeziehung zwischen Rentenbeitrag und Rente(nleistung)
Wie für jede vertragsrechtliche Beziehung gilt: „Leistung verpflichtet zur vereinbarten Gegenleistung“. Dagegen wird bei der Gesetzlichen Rentenversicherung jedoch ständig verstoßen. Dem Beitrag muss eine zugesagte Rentenleistung entsprechen. Für eine bestimmte Beitragshöhe erhalte ich eine bestimmte Rentenleistung. Steigt die Beitragshöhe muss auch die zugehörige Rentenleistung steigen.

Für die heutigen Beitragszahler gilt der Rechtsanspruch genauso: Werden ihre Beiträge erhöht, erhöht sich ihr persönlicher Rentenanspruch - die Höhe ihrer eigenen künftigen Rente. Mit der Höhe der Renten heutiger Rentner hat das gar nichts zu tun. Genausowenig kann das Rentenniveau der heutigen Rentner gesenkt werden um die Rentenausgaben der GRV zu senken, ohne gegen elementare Rechtsgrundsätze zu verstoßen.
Von den heutigen Rentnern sind über viele Jahrzehnte Beiträge erhoben worden, für die Ihnen die Aufrechterhaltung ihres  Lebensstandards entsprechend Ihres bisherigen Einkommens (70% vom Nettoverdienst, 1957 sogar 75%) im Alter zugesichert wurde.
Sind zum Beispiel wegen Massenarbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung die Einnahmen der Rentenversicherung niedriger als die Ausgaben für die aktuellen Rentenzahlungen, müssen die Fehlbeträge vom Staat aus dem Steueraufkommen ausgeglichen werden, gemäß gesetzlicher Regelung.
Von Anfang an wurde von der Politik gegen diese Grundsätze verstoßen, siehe auch
Abschnittdeckungsverfahren. Früher ohne gravierende Einbußen bei der zugesagten Lebensstandardsicherung im Alter für die Betroffenen, seit der Rentenreform 1992 und insbesondere der "Riesterreform“   jedoch in unerträglichem Umfang.


Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung in der Gesetzlichen Rentenversicherung GRV

Der
VDR formulierte es so:
„Der Sozialversicherungsbeitrag ist der Preis für die gehobene soziale Sicherung, die die Sozialversicherung im Vergleich zur staatlichen Fürsorge bietet. Die Zahlung dieses Beitrages stellt für die Versicherten nur dann kein unzulässiges Sonderopfer dar, wenn der Eintritt des Versicherungsfalles eine auch der Höhe nach äquivalente Gegenleistung auslöst.“

Wilfrid Schreiber 1955 im Memorandum: Zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung
Dem Grundsatz der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, bezogen auf jeden einzelnen Versicherten, ist im strengsten Sinne Geltung zu verschaffen. Eine „Neuverteilung der Einkommen" unter den Versicherten findet nicht mehr statt. Jede Rente soll individuell durch Beitragsleistungen verdient sein.   

Wilfrid Schreiber 1955 im Memorandum: Zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung
Die Rechtskonstruktion eines „Solidaraktes zwischen jeweils 2 Generationen", ohnehin dem europäischen Rechtsdenken neu und ungewohnt, erfordert als Korrelat gebieterisch die Konstanterhaltung des Beitragsprozentsatzes. Dieser Satz müßte für alle Zeiten unverrückbar und jeglicher Manipulation entzogen sein. Seine Unantastbarkeit müßte vielleicht gar in der Verfassung (im Grundgesetz) verankert werden.
 

 

Rentenkasse als Selbstbedienungsladen der Politik
Der Staat verwendet Rentenbeitrags-Einnahmen aus der Rentenkasse ohne Verpflichtung, dass Rentner den entsprechenden Gegenwert ihrer Beitragszahlung als Rente erhalten. Politische Praxis ist und war es, von Beginn im Jahr 1957 an, Beitragsüberschüsse abzuschöpfen oder Rentenbeiträge zu erhöhen, ohne dass die Renten erhöht werden, in der Regel für Wahlgeschenke oder um Unterdeckungen der Umlagefinanzierung auszugleichen, siehe unten. Diese massive Verletzung des Eigentumsrechtes der Versicherten ist von der Rechtsprechung toleriert worden, trotz grundgesetzlichem Eigentumsschutz. Unrecht bleibt es in meinen Augen allemal.
Erleichtert wurde und wird diese Praxis durch die Verschleierung der Ausgaben der Rentenversicherung insbesondere durch zwei Unterlassungen:
1. In den Ausgaben der RV der Arbeiter und Angestellten sind laut Erhebungen zu
VDR-Zeiten über 30 Prozent versicherungsfremde Leistungen enthalten. Das sind Leistungen, die aus Staatsmitteln zu finanzieren sind, der RV zur Auszahlung übertragen wurden, ohne jedoch der GRV den vollen Betrag aus dem Bundeshaushalt zu erstatten. Inzwischen, seit 1957 bis 2015, in Summe über 700 Milliarden Euro.
2. Obwohl monatlich Zahlungen in Milliardenhöhe  für versicherungsfremde Leistungen anfallen, werden sie nicht buchhalterisch erfasst und nicht komplett in der offiziellen Darstellung der RV-Ausgaben ausgewiesen.

Beispiele großzügigster Bedienung aus der Rentenkasse:

Regierung Adenauer   
Mit Einführung der dynamischen Leistungsrente 1957 wurden 14% vom monatlichen Bruttolohn einbehalten, dafür wurden alle bestehenden Renten und alle Neurenten um 70% erhöht, jedoch ohne Beitragsgegenleistung der Empfänger. Sicher ein Segen angesichts der damaligen kargen Renten. Und solange die zugesagten Rentenzahlungen für die Beitragszahler erfolgten, noch tolerierbar.

Rentenberg 1967
Beitragserhöhung von 14 auf 18% von 1967 bis 1973
wegen des
befristeten Finanzierungsbedarfes durch den Rentenberg - weil die stark besetzten Geburtsjahrgänge vor 1914 das Rentenalter erreichten, während sich auf der Seite der Beitragszahler die Geburtenausfälle während des Ersten Weltkriegs, der Weltwirtschaftskrise und Mitte der vierziger Jahre auswirkten. Diese Mehrbelastung hätte als versicherungsfremde Leistung aus dem Bundeshaushalt finanziert werden müssen. Auch nach dieser "Bewältigung" des Rentenberges auf Kosten der Versicherten wurde der Beitrag nicht wieder auf 14% abgesenkt. Siehe auch Abschnittdeckungsverfahren.

Regierung Brandt/Scheel   
Sie dynamisierte die 2,6 Millionen Kriegsopferrenten, flexibilisierte die Altersgrenzen und verhalf denen, die irgendwann einmal selbstständig gewesen waren, durch geringfügige Nachzahlungen zu vollen Rentenanwartschaften - für die damalige Mittelschicht das Geschäft ihres Lebens. Und auch hier galt: Solange die zugesagten Rentenzahlungen für die Beitragszahler erfolgten, noch tolerierbar.

Regierung Kohl/Genscher   
Von ihr wurde die Rentenkasse mit weiteren Fremdleistungen in gigantischer Höhe geschwächt:
Teilfinanzierung der deutschen Einheit aus der Rentenkasse sowie Finanzierung der Renten für Spätaussiedler. Fremdleistungen für viele, die nie etwas in die Rentenkasse eingezahlt hatten. Anschließend wurde die „marode Situation der Rentenkasse" von CDU und Wirtschaft beanstandet und weitere „Sparmaßnahmen" gefordert. Eine solche Unverfrorenheit ist kaum zu fassen. (Erst ca. 10 Jahre später wurde der sogenannte Bundeszuschuss soweit erhöht, um speziell diese Teilfinanzierung der deutschen Einheit aus der Rentenkasse abdecken zu können).

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich müssen all diese Menschen unterstützt werden. Aber dazu darf nicht in die Kasse der GRV gegriffen werden. Sondern die erforderlichen Mittel sind aus dem allgemeinen Staatshaushalt zu nehmen. Bevor heute Politiker von nicht mehr finanzierbarer Rentenkasse reden, sollten erst einmal alle diese widerrechtlichen Rentenkassen-Entnahmen samt Zins vom Staat in die Rentenkasse zurückgezahlt werden. Es geht um  über 700 Milliarden Euro.  

 


3. Über 20 Jahre „Rentenreformen“ – Anspruch und Wirklichkeit

Anspruch - Offizielle Reformbegründungen
Als Begründung wurde in der öffentlichen Darstellung von Politik, Wirtschaft und Medien der "demographische Wandel mit dramatischen Auswirkungen in 50 Jahren wie auch die steigende Lebenserwartung beschworen. Diese Entwicklungen bzw. Prognosen treffen grundsätzlich zu, sind in ihrer Auswirkung jedoch dramatisch überzeichnet. Siehe auch Öffentliche Renten-Diskussion.
Mit dem Rentenreformgesetz 1992 sollte die Rentenversicherung langfristig konsolidiert und das Vertrauen der Versicherten und Rentner gestärkt und ausgebaut werden. Doch dem gemeinsamen "Jahrhundertwerk" von CDU/CSU, FDP und SPD folgten in kurzen Abständen immer mehr einschneidende "Reformen" der Rentenversicherung. Nach weiteren Reformen wird im Jahr 2001 die
“Riesterreform“ eingeführt als "größte Sozialreform der Nachkriegsgeschichte" mit den gravierendsten Änderungen für die Rentenversicherten. Die „Beitragsstabilisierung“ sei zugleich eine wichtige Voraussetzung für mehr Wachstum und Beschäftigung und zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Durch diese Reform soll die gesetzliche Rentenversicherung auch langfristig für die jüngere Generation bezahlbar bleiben und ihr im Alter ein angemessener Lebensstandard gesichert werden. Für die GRV-Versicherten gilt dies allerdings nur durch eine zusätzliche  staatlich geförderte private Altersvorsorge. Die Rentenanpassungen der GRV werden durch die neue Formel gebremst. Viele „Reformen“ folgten der "größten Sozialreform der Nachkriegsgeschichte" in noch kürzeren Abständen als nach dem "Jahrhundertwerk" von 1992.

 

Die Wirklichkeit - Mit  vielen "Reformen" die Probleme vergrößert

Als Antwort auf die langfristigen "Demographie-Probleme" bieten die Renten - "Reformen":

Kurzfristig wirkende Leistungskürzungen und niedrigere Renten trotz hoch bleibender Beiträge.

Die bisherigen Rentenreformen unter den Regierungen: Schwarz-Gelb, Rot-Grün und Schwarz-Rot erscheint vielen als "Unrecht in Gesetzen verfasst". Besonders betroffen: Künftige Rentner, die heutigen "Jungen". Sie müssen nach wie vor die gleich hohen Rentenversicherungs- Beiträge, knapp 20 % vom Brutto (einschliesslich der AG-Beiträge) zahlen,  ihr Rentenanspruch liegt aber weit unter der seit 1957 geltenden Lebensstandardsicherung von 70 % des letzten Nettolohnes. Die "Alten" kommen allerdings nur besser weg je früher sie sterben.
Angesichts heutiger durchschnittlicher monatl.
Rentenhöhen (Ende 2009, West/Ost) von 931/952 Euro bei Männer und 521/669 Euro bei Frauen werden  viele Renten in Zukunft auf Sozialhilfeniveau sinken.
In weiteren "Reformen" wurden durch die Einführung von Kürzungsfaktoren zum einen durch Beitragserhöhungen ansteigende Rentenansprüche begrenzt, zum anderen das Rentenniveau von 70 % des letzten Nettolohnes auf ca. 50%  in 2030 gesenkt. Wohlgemerkt bei gleich hohen, eher steigenden Beitragssätzen.

Das primäre Problem ist nicht „Wie schützen wir die soziale Rentenversicherung vor Krisen-Wirkungen?", sondern:
                     
„Wie bekämpfen, vermeiden, verhindern wir Krisen?"
Die Antwort auf die Frage „Was wird im Krisenfall mit dem Haushalt der Rentenversicherungsträger?" lautet also: Der Staat verpflichtet sich, im Krisenfall den Trägern der Rentenversicherung aus Mitteln der autonomen Kaufkraftschöpfung Zuschüsse zu leisten, die den krisenbedingten Ausfall an Beitragsaufkommen kompensieren und eine
ungestörte Weiterzahlung der Renten nach der geltenden Rentenformel sicherstellen.
Wilfrid Schreiber 1955 im Memorandum: Zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung

Sozialverbände und andere haben immer wieder davor gewarnt, dass die tief greifenden Rentenkürzungen der vergangenen Jahre im Zusammenwirken mit den zunehmenden Lücken in den Erwerbsbiographien der Versicherten durch Arbeitslosigkeit, Niedrigeinkommen oder Formen von prekärer Beschäftigung in Zukunft zu einem erheblichen Anstieg der Altersarmut führen werden. Mit der Zunahme von Altersarmut besteht gleichzeitig die Gefahr, dass auch die gesetzliche Rentenversicherung an Vertrauen und Akzeptanz verlieren und ihre verfassungsrechtliche Legitimation als Pflichtversicherung in Frage gestellt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine wachsende Zahl von Versicherten selbst nach Jahrzehnten der Beitragsentrichtung Rentenleistungen erhält, die unterhalb oder nur knapp oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegen. Denn die Grundsicherungsleistungen werden auch ohne Vorleistungen erbracht.  



4. Was geändert werden muss

Die wirklichen Ursachen für den Reformbedarf der GRV
Zunächst einmal haben die aktuellen Finanzierungsprobleme der Sozialversicherungssysteme ohnehin nichts mit den Veränderungen der Alterspyramide zu tun, die gegenwärtig durch einen hohen Anteil von Menschen im erwerbsfähigen Alter gekennzeichnet ist. Die aktuellen Probleme sind im Wesentlichen auf die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, auf die Umverteilung des Volkseinkommens zu Lasten der Löhne und Gehälter und auf die Ausbreitung prekärer und niedrig entlohnter Arbeitsverhältnisse zurückzuführen. Durch die Massenarbeitslosigkeit gehen den Sozialversicherungen erhebliche Beitragseinnahmen und den öffentlichen Haushalten entsprechende Lohnsteuereinnahmen verloren, während andererseits die Ausgaben der Arbeitslosen- und der Rentenversicherung steigen. Ein weiteres Problem stellen die versicherungsfremden Leistungen dar, mit denen die GRV bis heute belastet wird. Sie werden nicht korrekt ausgewiesen und werden wegen fehlender Aktualisierung unvollständig erfasst. Näheres zu versicherungsfremden Leistungen.
Die Demographieveränderung ist massiv überzeichnet aufgrund langfristiger damit höchst unsicherer Prognosen, die allein auf die GRV fokussiert wurden. Der tatsächliche Reformbedarf wird verzerrt. Im Mittelpunkt der öffentlichen Darstellung stehen die Geburtenraten in Deutschland. Dagegen blieben wesentliche Einflüsse unberücksichtigt: Die permanente Abnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung, die Arbeitsmigration durch EU-Erweiterung und Antragsländer, steigende Produktivität und Wertschöpfung, Beitragsausfälle durch Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne mit einhergehender Belastung des hochverschuldeten Bundeshaushalts. Diese Ursachen und Einflüsse werden nicht berücksichtigt und nicht öffentlich diskutiert.
Statt die Ursachen zu bekämpfen wurden sie verstärkt durch:  Förderung der prekären Beschäftigung, steuerliche Förderung von Fertigungsverlagerungen ins Ausland, Verhinderung von Mindestlöhnen, Verzicht auf Ausgleichsleistungen aus den Unternehmensgewinnen für wegrationalisierte sozialversicherungspflichtige Arbeit(splätze), durch Steuersenkungen - besonders für hohe Einkommen und Unternehmen - statt Steuergerechtigkeit und Einnahmeverbesserungen des Haushaltes (Subventionsabbau, Steuerbetrug, ..), Finanzierung von Arbeitslosigkeit statt
Finanzierung staatlicher Arbeitsplätze.

Lebensstandardsicherung im  Alter muss wieder sichergestellt werden 

Als wesentliche Konsequenz aus den vielen einseitigen politischen Eingriffen müssen Grundforderungen an die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) entsprechend der Zielsetzung der Rentenreform von 1957 mit einer dynamischen Lebensstandardsicherung im Alter auf Basis 70% des letzten Netto- bzw 50% des Bruttolohnes, wieder erfüllt werden.

GRV nachhaltig reformieren und auf alle Erwerbstätigen erweitern

Wie nachstehend beschriebenen ist die GRV zu reformieren und schnellstmöglich auf alle Erwerbstätigen zu erweitern. Über die abhängig Beschäftigten hinaus sind alle Selbstständigen, Landwirte, Politiker, und Beamte in die GRV zu verpflichten. Alle bisherigen übrigen gesetzlichen Altersicherungssysteme, wie die Beamtenversorgung, die Berufsständischen Rentenversicherungen, etc. sind  unter Berücksichtigung eines Bestandsschutzes durch die allgemeine GRV zu ersetzen

Eine ausführliche Darstellung der erforderlichen Änderungen, die unsere Altersversorgung wieder sicher und zukunftsfest machen, findet sich unter
 
Die Rentenreform - Alternative "GRV für alle".




5. Die Gesetzliche Rentenversicherung GRV - Grundsätzliches
Was die GRV seit 1957 leisten soll und worauf die Versicherten Anspruch haben. Immer wieder versuchen "unsere Politiker" die Umlagefinanzierung umzudeuten, entgegen den Regelungen, wie sie seit der Reform von 1957 festgelegt sind. Deshalb ist es dringend nötig in Erinnerung zu rufen, dass diese Leistungszusagen für die eingeforderten Beiträge der Versicherten nach wie vor Gültigkeit haben.  

Gesetzliche Rentenversicherung in Zahlen.  DRV-Broschüre "GRV in Zahlen". Aktuelle Ausgabe siehe Inhaltsverzeichnis.
Offizielle statistische Angaben (Versicherte und Rentner, Durchschnittsrentenhöhen, Beitragssätze, etc) der Deutschen Rentenversicherung.

Vorteile der Rentenversicherung als staatliche Pflichtversicherung
Eine staatlich organisierte Rentenversicherung begründet sich aus den Vorteilen für Versicherte wie für den Sozialstaat: Für die Versicherten größerer Leistungsumfang und unvergleichlich höhere Sicherheit der Altersvorsorge gegengenüber privatwirtschaftlichen Angeboten. Für den Staat: Minimierung der Sozialkosten durch Vermeidung von Altersarmut gerade des größten und gefährdetsten Bevölkerungsanteils, der abhängig Beschäftigten. Eine Versicherungspflicht vermeidet, dass weite Bevölkerungskreise besonders in jungen Jahren die notwendige Vorsorge vernachlässigen und im Alter staatliche Hilfe benötigen. Rein private Vorsorgesysteme wären gesamtwirtschaftlich nicht ausreichend sicher. Auch die Finanzmarktkrise hat mit ihren Milliardenverlusten wieder gezeigt, dass selbst fundierte Finanzkenntnisse und verfügbare -beratung der Kommunen, Unternehmen, des Versicherungs- und Finanzmarktes (Rentenfonds), sowie Vermögende vor hohen Anlageverlusten nicht schützen. Die Marktrisiken privater Altersvorsorge wären für breite Bevölkerungsteile mit überwiegend geringer Finanzmarkt-Kompetenz aus diesen Gründen unvertretbar hoch.
Es ist allerdings nicht nachvollziehbar warum in Deutschland, im Gegensatz zu fast allen europäischen Staaten, gerade einkommensstarke Bevölkerungskreise aus einer allgemeinen solidarischen Versicherungspflicht ausgeklammert werden.

Grundlage unserer heutigen umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung ist die Rentenreform 1957  
Mit der grundlegenden Rentenreform des Jahres 1957 wurde eine weitgehende Neukonzeption von Leistungs- und Finanzierungsrecht der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) vom Staat eingeführt. Ausschlag für eine große Reform gaben die Ergebnisse einer statistischen Erhebung: Viele Rentner-Haushalte lebten am oder unter dem Existenzminimum. Aus einer Vielzahl von Plänen für eine umfassende Sozialreform war der so genannte
Schreiber-Plan Grundlage für die Rentenreform von 1957. Mit der Rentenreform von 1957 erreichte Adenauer sein Ziel, die  Bundestagswahl 1957 zu gewinnen. Das Ansehen Adenauers und der CDU war wg der Wiederaufrüstung und der Einführung der Wehrpflicht tief gesunken. Adenauer machte die weit verbreitete Altersarmut zum erfolgreichen Wahlkampfthema. Die Reform trat rückwirkend ab 1. Januar 1957 in Kraft. Die Altersrente war nun nicht mehr Zuschuss zum Unterhalt, sondern sollte künftig allein zur Sicherung des Lebensstandards ausreichen.
Mit Einführung der Umlagefinanzierung:
1957 wurden 14% vom monatlichen Bruttolohn einbehalten, dafür wurden direkt aus diesen Einnahmen die Rentenzahlungen finanziert ohne den Umweg einer Finanzanlage
und „Dynamisierung“ der Renten:
Automatische Koppelung der Rentenhöhe an das Lohn-Niveau durch  die jährliche Rentenanpassung als Zinsersatz für die jahrzehntelang erfolgten Beitragseinzahlungen, wurde die Altersarmut weitgehend verdrängt.
 


Was schon Schreiber
forderte     
 
Wilfrid Schreiber gilt als „Vater der Rentenreform 1957". Als Geschäftsführer des Bundes Katholischer Unternehmer entwickelte er einen Entwurf zur Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung, der 1957 erheblich abgewandelt vom Bundestag beschlossen wurde.
Dafür stand Schreiber:
 o Lebensstandardsicherung im Alter durch die GRV allein
 o Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung
 o GRV für alle Erwerbstätigen
 o GRV frei von versicherungsfremden Leistungen
 o Rentenversicherung in Krisenzeiten nicht demontieren, sondern Ursachen angehen bei:
    Konjunkturschwankungen, Arbeitslosigkeit, Aussterben, Geburtenrückgang.
Schreibers Argumente          Eine Kommentierung aus heutiger Sicht   
Schreiber - Memorandum     Der Schreiber-Vorschlag im Original als Vorlage für die Rentenreform 1957

 

Die Umlagefinanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung ab 1957
Durch die Rentenreform 1957 wurde die Umlagefinanzierung - bis 1967 vorerst als Abschnittdeckungsverfahren - in die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) vom Staat eingeführt. Durch die Koppelung von Beitragseinnahmen und Rentenhöhe an die Entgelte der Versicherten waren regelmäßige und systemkonforme Rentenerhöhungen möglich. Statt Rücklagen zu bilden, waren – paritätisch finanziert – 14 % des Bruttolohnes zu zahlen, die sofort für Rentenzahlungen verwendet wurden. Das ermöglichte eine sofortige, deutliche Rentenerhöhung und fortan eine dynamische Anpassung der Rentenhöhe an die Bruttolohnentwicklung.
Alle bestehenden Renten und alle Neurenten wurden um rund 60 % erhöht, jedoch ohne Beitragsgegenleistung der Empfänger. Sicher ein Segen angesichts der damaligen kargen Renten. Bei Vollbeschäftigung und jährlich steigenden Löhnen zwischen 6 und 12 % flossen in die damalige Rentenkasse Jahr für Jahr Milliardenbeträge. 1957 betrugen die Rücklagen 12 Milliarden DM (6 Mrd €), demgegenüber stand eine Rentenauszahlung von unter 1 Milliarde DM (0,5Mrd €). Diese milliardenschweren Renteneinzahlungen verführten von Anfang an Regierungen wie Parlamentarier aller Parteien zu allergroßzügigsten Wahlgeschenken aus der Rentenkasse.
 
Siehe auch GRV-Wandlung bis RRG92.pdf  Ingenhuett, Alterssicherung-Umlageverfahren-ohne-Alternative_Tegtmeier, Wikipedia, Schmähl
Ein grundsätzlich vorteilhaftes Finanzierungsverfahren, werden doch die riesigen, milliardenhohen monatlichen Beitragseinnahmen nicht über Jahrzehnte den Finanzmarktrisiken ausgeliefert, sondern direkt monatlich für die Rentenauszahlungen an die Versicherten verwendet.  
Die Umlagefinanzierung setzt aber auch voraus, dass  die Rentenausgaben durch die Beitragseinnahmen abgedeckt sind. Diese Verpflichtung des Bundes, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen und den Ausgaben der Rentenversicherung auszugleichen, ist gesetzlich geregelt durch Bundeszuschuss und Bundesgarantie (§1384 ArVNG 1957 und §111 AnVNG 1957, bzw. §1384 RVO und §111 AVG).
Die Versicherungspflicht, als massiver Eingriff in die grundgesetzlich geschützten Eigentumsrechte der Versicherten, stellt den Staat  in die besondere Verantwortung, die Rentenzahlungen als äquivalenten Gegenwert der Beitragszahlungen über Jahrzehnte sicher zu stellen.

Unterscheidung der Bundeshaftung/Bundesgarantie durch das Rentenreformgesetz 1992
SGB VI § 153 Umlageverfahren
(1) In der Rentenversicherung werden die Ausgaben eines Kalenderjahres durch die Einnahmen des gleichen Kalenderjahres und, soweit erforderlich, durch Entnahmen aus der Nachhaltigkeitsrücklage gedeckt.
(2) Einnahmen der allgemeinen Rentenversicherung
* sind insbesondere die Beiträge und die Zuschüsse des Bundes**,
Einnahmen der knappschaftlichen Rentenversicherung sind insbesondere
die Beiträge und die Mittel des Bundes zum Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben**.
* „allgemeinen Rentenversicherung“ ist die „Gesetzliche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (GRV)“
** Willkürliche politische Unterscheidung mittels
Rentenreformgesetz 1992 zur Verwässerung der Bundeshaftung bei der Gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten

Umlagefinanzierung als Retter kapitalgedeckter Rentenversicherung
Die Tatsache, dass das Umlageverfahren sofort funktionstüchtig ist, sobald Rentenanwartschaften anerkannt werden, führte dazu, dass das Umlageverfahren gerade in solchen Situationen eingeführt wurde, in denen Ansprüche aus dem Kapitaldeckungsverfahren wegen Kapitalverlust nicht mehr erfüllt werden konnten. Die Geschichte der deutschen Rentenversicherung im 20. Jahrhundert bietet dafür Beispiele. Die Rentenversicherung war ursprünglich kapitalgedeckt. Im Zuge der großen Inflation bis 1923 ging jedoch das Vermögen der kapitalgedeckten Rentenversicherung zu einem großen Teil verloren, sodass im Anschluss das Umlageverfahren angewendet werden musste, um die erworbenen Rentenanwartschaften zu erfüllen. Zwar erfolgte in den dreißiger Jahren wieder der Aufbau eines Kapitalstocks. Als dieser jedoch am Ende des Zweiten Weltkriegs erneut vernichtet war, konnten wieder nur durch Anwendung des Umlageverfahrens die Rentenzahlungen fortgesetzt werden. Auch in anderen Ländern war die Einführung umlagefinanzierter Alterssicherungsmodelle die notwendige Antwort auf das Scheitern kapitalgedeckter Systeme angesichts von Finanzkrisen und anderen Umwälzungen: In den USA wurde die umlagefinanzierte „Social Security“ im Rahmen des New Deal 1935 als Reaktion auf die Große Depression eingeführt. Wenn eine vorübergehende Krise zum Zusammenbruch des Kapitaldeckungsverfahrens führte, lag der Ausweg im Umstieg auf das robustere Umlageverfahren.  
Auch 1957 war dies ein Grund für Umstellung auf die Umlagefinanzierung. Für den Anfang wurde die Umlagefinanzierung jedoch als
"Abschnittsdeckungsverfahren über 10 Jahre"  eingeführt und erst ab 1967 als uneingeschränkte Umlagefinanzierung praktiziert.


Abschnittdeckungsverfahren    
Quelle: Alterssicherung - Umlageverfahren ohne Alternative?  Werner Tegtmeier, 1998 PDF, Seite 7  
Von der Abkehr der Kapitaldeckung über das Abschnittsdeckungsverfahren zum Umlageverfahren.
Die grundlegende Rentenreform des Jahres 1957 führte zu einer weitgehenden Neukonzeption von Leistungs- und Finanzierungsrecht der GRV. Die Einführung der dynamischen Rente führte zum Umlageverfahren. Im Umlageverfahren waren durch die Koppelung von Beitragseinnahmen und Rentenhöhe an die Entgelte der Versicherten regelmäßige und systemkonforme Rentenerhöhungen möglich. Erleichtert wurde die Entscheidung für eine Abkehr vom Kapitaldeckungsprinzip aber auch durch die wenige Jahre zuvor aufgestellte sogenannte Mackenroth-These. Für eine Volkswirtschaft gelte, so Mackenroths These, daß aller Sozialaufwand immer nur aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden könne.

Mackenroth-These  
Sozialausgaben einer Volkswirtschaft wird immer aus dem laufenden Volkseinkommen erbracht. "Es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein "Sparen" im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand.“ Gesichert ist,  dass das Hauptvolumen aus dem laufendem Volkseinkommen kommt.

Trotz aller Argumente erschien jedoch der unmittelbare Umstieg zum Umlageverfahren als zu gewagt. Deshalb wurde in Form des Abschnittsdeckungsverfahrens ein Mittelweg eingeschlagen, der eine deutliche Reduzierung des erforderlichen und nunmehr als Rücklage bezeichneten Vemögens ermöglichte. Danach sollte für einen zehnjährigen Deckungsabschnitt ein einheitlicher Beitragssatz in einer Höhe festgesetzt werden, daß die Beitragseinnahmen zusammen mit dem Bundeszuschuß und den sonstigen Einnahmen einschließlich Zinsen nicht nur die im Verlauf des Deckungsabschnittes anfallenden Ausgaben decken, sondern darüber hinaus noch eine Rücklage verbleiben, die der Jahresausgabe im letzten Jahr des Deckungsabschnittes entsprechen sollte. Der erste Deckungsabschnitt erstreckte sich über die Jahre 1957 bis 1966.

Als die konjunkturelle Entwicklung zum ersten Mal seit 1957 eine Inanspruchnahme der Rücklage erforderlich machte, zeigte sich - obwohl die Rentenversicherung 1966 das gesetzliche Rücklagensoll erfüllte - daß dieses riesige Vermögen im Bedarfsfall gar nicht rechtzeitig im erforderlichen Umfang zur Verfügung stand: Um zu verhindern, daß es auf einem nervös reagierenden Kapitalmarkt zu Kurseinbrüchen kommt, konnten die vorhandenen Wertpapiere nicht schnell genug oder aber nicht zum unterstellten Wert veräußert werden.

Ein weiterer Grund für die Ablösung des Abschnittsdeckungsverfahrens war die Beitragssatzfestsetzung für den Deckungsabschnitt der Jahre 1967 bis 1976. Um für den gesamten Abschnitt einen einheitlichen Beitragssatz festzusetzen, hätte nach den Vorausberechnungen der bis zum Jahresende 1966 geltende Beitragssatz von 14 % um bis zu vier Prozentpunkte zum Jahresanfang 1967 angehoben werden müssen.
Grund für diese *Beitragserhöhung
war die für Mitte der siebziger Jahr absehbare Verschlechterung des Verhältnisses von Rentnern zu Beitragszahlern (seinerzeit als „Rentenberg“ bezeichnet), weil die stark besetzten Geburtsjahrgänge vor 1914 das Rentenalter erreichten, während sich auf der Seite der Beitragszahler die Geburtenausfällen während des Ersten Weltkriegs, der Weltwirtschaftskrise und Mitte der vierziger Jahre auswirkten. Der drastische Beitragssatzanstieg wäre nicht nur zur Finanzierung des zu erwartenden Anstiegs der Rentenausgaben erforderlich gewesen, sondern wegen der Koppelung der Rücklage an die Rentenausgaben auch für die entsprechende Erhöhung der Rücklage. In den ersten Jahren des Deckungsabschnitts hätte in erheblichem Umfang Vermögen aufgebaut werden müssen, das dann in den letzten Jahren wieder bis auf eine Jahresausgabe hätte abgebaut werden müssen. Der für unausweichlich angesehene Beitragsanstieg sollte auf das zur Finanzierung der Renten unbedingt erforderliche Ausmaß beschränkt werden und zudem nicht in einem Schritt erfolgen, sondern auf mehrere Jahre verteilt werden.
Ergebnis dieser Überlegungen war 1969 der Übergang auf das reine Umlageverfahren. Die Rücklage wurde auf drei Monatsausgaben zum Ende des Kalenderjahres begrenzt und erhielt die eindeutig formulierte Aufgabe, kurzfristige Einnahmen- und Ausgabenschwankungen auszugleichen, was das Erfordernis einer liquiden Anlage bedingte. Darüber hinausgehende Überschüsse oder Defizite sollten durch entsprechende Veränderungen des Beitragssatzes verhindert werden. Die Rücklage wurde deshalb 1977 in Schwankungsreserve umbenannt. Seit 1992 beläuft sich die Höhe der Schwankungsreserve aufgrund einer Änderung durch das Rentenreformgesetz 1992 statt auf drei nur noch auf eine Monatsausgabe.

*Anmerkung K.A.: Genau diese bereits in den 1950er Jahren vorhergesehene "Rentenberg-Problematik wurde von Schreiber zum Anlass genommen auf die absolute Unzulässigkeit des Ausgleichs eines Fehlbedarfes zwischen Einnahmen und Ausgaben der GRV durch Beitragssatz-Erhöhungen zu verweisen.
Schreiber begründete es wie folgt:
"Eine Heraufsetzung des Beitragsprozentsatzes, befristet auf die genannten 15 kritischen Jahre und genau dosiert nach dem Fehlbedarf, wäre eine einfache Lösung, aber auch die bedenklichste. Die Rechtskonstruktion eines „Solidaraktes zwischen jeweils 2 Generationen", ohnehin dem europäischen Rechtsdenken neu und ungewohnt, erfordert als Korrelat gebieterisch die Konstanterhaltung des Beitragsprozentsatzes. Dieser Satz müßte für alle Zeiten unverrückbar und jeglicher Manipulation entzogen sein. Seine Unantastbarkeit müßte vielleicht gar in der Verfassung (im Grundgesetz) verankert werden. Eine Höherbelastung der Beitragszahler jener 15 Jahre würde die Last, die Spät-Folgen der Weltkriege - denn darum handelt es sich ja - auf höchst willkürliche Weise verteilen."

Noch deutlicher:
Die vorübergehende Finanzierung des Mehrbedarfs durch den Rentenberg für 15 Jahre waren als versicherungsfremde Leistung aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Ein weiterer Betrug an den Rentenversicherten war die Beibehaltung des von 14 auf 18% angehobenen Renten-Beitragsatzes bis heute.

 

Dynamische Rente – laufende Rentenanpassung zur Sicherung des Lebensstandards
Als Dynamisierung der Renten wurde die Einführung einer laufende Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung bezeichnet. Dadurch sollten Renten auch nach Jahren gestiegener Löhne und Preise ihre Kaufkraft wie zu Rentenbeginn beibehalten. Die laufende Rentenanpassung ist überdies auch der gebotene Ausgleich für die jahrzehntelang erhobenen Beiträge, die bei einer kapitalgedeckten Rentenversicherung entsprechend hohe Zinserträge erbracht hätten.
Orientierungsgröße bei der Einführung der dynamischen Rente durch die Rentenreform 1957 war die Bruttolohnentwicklung: Das Rentenniveau sollte rd. 60% des letzten Bruttoentgelts betragen. Dies entsprach damals rd. 75% des letzten Nettoverdienstes, da die Renten frei von Steuer- und Sozialabgaben waren. Zwar wurde das gesteckte Ziel von 75 Prozent der Nettolöhne nicht erreicht – die Standardrente bewegte sich in den folgenden Jahren bei rund 70 Prozent. In den Jahren 1957 bis 1969 stiegen die Löhne um 115,7 %, die Renten folgten und stiegen um 110,5 % (Wikip). Die Rentenleistung der GRV allein sollte zum Unterhalt des Versicherten (-Haushalts) ausreichen. Alle zusätzlichen Alterssicherungen (betriebliche Altersversorgung, private Alters- und Lebensversicherungen etc.) sollten zur Aufbesserung der Leistung der GRV dienen, sie aber nicht ersetzen. Über viele Jahrzehnte galt ein Rentenniveau von 70 Prozent des durchschnittlichen Lebenseinkommens.
Diese Lebensstandardsicherung leistet die GRV seit der Riesterreform 2001 künftig nicht mehr. Mit der „Riesterreform“ und weiteren "Reformen" wurde durch Einführung von Kürzungsfaktoren das Rentenniveau von 70 % des letzten Nettolohnes auf ca. 50% schrittweise  bis 2030 gesenkt. Lebensstandardsicherung ist auch als Gegenbegriff zur Grund- oder Existenzsicherung zu verstehen. Sie muss deutlich darüber liegen. Bedeutsam ist dabei vor allem die vom Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigte Eigentumsgarantie (nach Art. 14 GG) von Rentenanwartschaften, so dass das Rentenniveau nicht beliebig gesenkt werden kann, sondern mindestens mit der Inflationsrate steigen sollte. Bereits seit Mitte/Ende der 70er Jahre wurde jedoch immer wieder kürzend in die Anpassung eingegriffen, so daß die Renten nicht ausreichend gestiegen sind.

Paritätische Finanzierung
Mit paritätische Finanzierung ist gemeint, dass der Rentenversicherungsbeitrag je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt wird. Die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialversicherungen sind Lohnbestandteile der Versicherten. Betriebswirtschaftlich ist es unerheblich, ob die Rentenbeiträge hälftig von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt werden, beides sind Lohnkosten für den Arbeitgeber. Der Wegfall dieser Leistung entspräche einer Lohnkürzung, da dieser Beitragsanteil aus dem Restlohn des Arbeitnehmers finanziert werden müsste.  
Der Arbeitgeberanteil zum Sozialversicherungsbeitrag wurde bereits bei der Gründung des deutschen Sozialsystems eingeführt. Die Kostenauswirkung des Arbeitgeberanteils an der Rentenversicherung wurde wieder kompensiert. Die üblicherweise nach Produktivitätsfortschritt fälligen Erhöhungen des Nominallohns unterblieben nach Einführung der paritätischen Finanzierung einfach oder verlangsamten sich solange bis die Vorleistung des Arbeitgeberbeitrages kompensiert war.
Mit der Riesterreform 2001 wurde mit dem Prinzip der paritätischen Rentenfinanzierung gebrochen. Die solidarische gesetzliche Rentenversicherung muss durch Privatvorsorge ohne Beteiligung der Arbeitgeber ergänzt werden, um die Lebensstandardsicherung im Alter wieder herzustellen.

Eigentumsgarantie
Die gesetzliche Rente ist ein über Jahrzehnte durch eigene Beitragszahlungen erworbener persönlicher Leistungsanspruch der Versicherten an die Rentenversicherung und damit letztlich an den Staat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Rentenanwartschaften durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützt. Nach bisherigen Erfahrungen ist jedoch ausreichender Eigentumsschutz für die Versicherten der GRV gegenüber politischen Eingriffen auf juristischem Weg kaum zu erwarten. Selbst in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wird zum Beispiel die Umdeutung des Umlageverfahrens als "Generationenvertrag" juristisch sanktioniert und damit die Absicht, die politisch-finanzielle Verantwortung vom Staat auf die Versicherten abzuwälzen, unterstützt. Vor allem aber wird vom Bundesverfassungsgericht dem "politischen Ermessen" ein viel zu großer Spielraum zugestanden. Aus dieser Erkenntnis resultiert die Konsequenz für uns Versicherte: Gesetze werden von Politikern gemacht, auf die können wir über Wahlen am ehesten Einfluss nehmen.

Bundesgarantie  
Aufgrund der Zwangsverpflichtung und der Verfahrensregelung durch den Staat ist für das Funktionieren eines solchen Umlageverfahrens allein der Staat verantwortlich. So auch 1997 der VDR (Vorgänger der DRV) im Heft 5, 01/1997  VDR – Fakten und Argumente:
"Der Bund ist auch verpflichtet, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung aufrechtzuerhalten. Diese allgemeine, durch die Bundesgarantie ergänzte Sicherungsfunktion des Bundeszuschusses bringt die Haftung des Bundes als letztverantwortlicher Organisator der gesetzlichen Rentenversicherung zum Ausdruck."
Aufgrund der Bundesgarantie ergibt sich daraus die Finanzierungspflicht für den Staat, wenn die Rentenauszahlungen nicht durch die Beitragszahlungen gedeckt werden können  Bis 1992 galt die Bundesgarantie nach  §§ 1384 RVO, 111 AVG. Mit dem RRG 1992 unter der schwarzgelben Regierung Kohl wurde die Bundesgarantie mit krassem Bruch dieser Rechtsansprüche umgewandelt in einen zeitlich befristeten zinslosen Überbrückungskredit, der von der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, d.h. ihren Rentenversicherten, zurückzuzahlen ist (§ 214, SGB VI).
Umso deutlicher wird die Willkürlichkeit dieser politische Unterscheidung im Vergleich:
Für die ebenfalls der gesetzlichen Rentenversicherung angehörende Rentenversicherung Knappschaft, Bahn, See gilt diese Änderung nicht (§ 215, SGB VI). Es werden Beitragserhöhungen zulässig ausschliesslich um Finanzierungslücken des Umlageverfahrens auszugleichen. Die Rentenhöhe berechnet sich nach der Rentenformel (§ 64, SGB VI). Die Beitragssatzerhöhung wird zwar im akt.Rentenwert der Rentenformel berücksichtigt, jedoch durch Einführung mehrerer Rentenkürzungsfaktoren führt sie nicht zu einer angemessenen Rentenerhöhung.
Trotz hoher Rentenbeiträge ist die Rentenhöhe für die heutigen "Jungen" deutlich niedriger als bei gleichen Beitragszahlungen vor den Reformen. Entgegen ständiger Generationengerechtigkeits-Behauptungen unserer Politiker von CDU/CSUFDPGRÜNESPD führen ihre Reformen zur massiven Benachteiligung gerade der heutigen Jungen und künftigen Rentenempfänger.


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